ein sehr interessanter artikel , der die oft behauptete ideologische objektivität der ossis in frage stellt. es taucht ja immer mal wieder die idee auf, in ostdeutschland seien die leute "immun gegen Ideologien aller Art " aufgrund ihrer abhärtenden erfahrung mit der ddr-ideologie. sie durchschauten das spiel und folgten folglich keinen bauerfängern mehr. das widerspricht meiner erfahrung und scheint mir in sich auch nicht logisch. hier nimmt sich ein autor mal diese argumentation vor und zerlegt sie:
die vermeintliche ostsolidarität unter leidensgenossen
Der Blick nach Polen war immer noch der der überlegenen Deutschen, die auf das arme Agrarland schauen. In den späten 1980ern, als die Solidarność-Bewegung für Freiheit streikte, wurde in SED-Kreisen argumentiert, dass die Polen "zu faul zum Arbeiten" seien. Die Argumentation verfing.
die (mittlerweile oft implizierten) behauptungen jeder sei ein freiheitskämpfer gewesen:
Im Oktober 1989, als es "nur" um Freiheit ging, hatten die meisten noch hinter der Gardine gestanden, während sich die Mutigen auf der Straße von Polizei, Kampfgruppen und Stasi prügeln und verhaften ließen. Nach dem 9. November, als für Einheit und Wohlstand demonstriert wurde, war plötzlich jeder ein Montagsdemonstrant.
der ossi an sich als besserer mensch, mit visionen für die zukunft, frei von kommerzialisierung:
"Gesellschaftlichen Visionen" hingen 1989 nur noch die wenigsten an. Eine Vision des Jahres 1990 war vielmehr, dass Einheit und Wohlstand ganz schnell zu haben seien. Das Bündnis 90, Träger der Revolution 1989 und von Bedenken, ob die rasante Einheit das Richtige sei, wurde mit einem Wahlergebnis von kümmerlichen 2,9 Prozent beiseitegeräumt.
das überlegene ostige demokratieverständnis der bevölkerung:
Demokratie verstehen hier viele als eine Herrschaft der Mehrheit über die Minderheit. Ihre Vision ist ein weißes, ein deutsches (bis in die dritte Generation), ein gottloses oder christliches Deutschland, das sich einen Teufel um die Probleme anderer Länder, anderer Menschen schert. Ein Arbeitsmarktforscher der Universität Jena kam vor einigen Jahren zu der Erkenntnis, dass in einer Umfrage im strukturschwachen Ostthüringen die Menschen zwar wussten, dass ihre Infrastruktur, ihre Lebensqualität nicht aufrecht zu halten seien, wenn es keine Zuwanderung gäbe. Dennoch wollten sie unter sich bleiben. "Sie wollen ethnisch homogen bleiben und artenrein sterben", kommentierte der verblüffte Forscher. Das kann doch keine Vision für die Gegenwart sein?
tja ... es ist nicht alles gold, was ost ...
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wiedervereinigung Ostdeutschland: Visionäre des UntergangsDie Ostdeutschen hätten gelernt, immun gegen Ideologien aller Art zu sein, schrieb hier vor zwei Wochen der Wirtschaftspsychologe Timo Meynhardt. Das ganze Gegenteil sei wahr, glaubt der Autor