Rezension: “Dies ist mein letztes Lied” von Lena Richter
“Eine Novelle über Kunst und ihre Grenzen” ist dieses knapp 150
Seiten dünne Büchlein laut Klappentext, aber es ist auch eindeutig
Science Fiction und hat sich damit für eine Besprechung auf unserem
Portal qualifiziert. Die Ich-Erzählerin, Qui, ist jung, überaus
musikalisch, lebt irgendwo in der Galaxis, spielt (unter anderem) ein
Instrument namens Doppelcelesta und verfügt …
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Rezension: “Dies ist mein letztes Lied” von Lena Richter“Eine Novelle über Kunst und ihre Grenzen” ist dieses knapp 150 Seiten dünne Büchlein laut Klappentext, aber es ist auch eindeutig Science Fiction und hat sich damit für eine Besprechung auf unserem Portal qualifiziert.
Die Ich-Erzählerin, Qui, ist jung, überaus musikalisch, lebt irgendwo in der Galaxis, spielt (unter anderem) ein Instrument namens Doppelcelesta und verfügt über eine außergewöhnliche “Superkraft”: Manchmal, wenn sie besonders intensiv spielt, zieht sie das Publikum sehr stark emotional in ihren Bann, und oft erscheint dann eine überirdische Tür, durch die sie schreitet, um eine neue Welt zu erreichen, wo sie einige Zeit verbringt und dann passiert wieder das gleiche.
So entsteht ein Episodenroman, der Qui in verschiedene Situationen bringt, etwa einen Krieg, einen Exodus, zu Figuren diverser (nicht nur binärer) Geschlechter und in eine Liebschaft. Genau wie der Klappentext es ankündigt, sind die kunstvoll beschriebenen Konzerte mal wirkungsvoll, mal weniger. Aus irgendeinem Grund weiß Qui übrigens genau, wann die letzte Tür erscheinen wird, und dass die Geschichte dann vorbei sein wird – und genau so kommt es auch. Aufgeklärt wird dieses überirdische Geschehen letztlich nicht wirklich.
In einer poetischen, emotional dichten Sprache schildert die Autorin die Geschichten bis zum (bitteren?) Ende und führt uns dabei in fantastische Welten. Das ist alles durchaus relevant und sehr schön zu lesen.
Aber das Buch hat ein Problem: Die Episodenstruktur wirkt sehr “gewollt” – denn genau das ist sie ja auch. Das führt beispielsweise dazu, dass Qui in einer Geschichte ihren Geliebten verlässt, was in der beschriebenen Situation aus Sicht des Rezensenten völlig unplausibel ist, weil sie ja mit ihm glücklich ist. Der narrative Zwang der nächsten Tür beendet die Beziehung. Das wirkt dann einfach nicht lebendig, sondern gnaden- und rücksichtslos gegenüber der bemitleidenswerten Figur. Auch die verschiedenen sexuellen Beziehungen – in fast jeder Episode geht Qui mit der nächstbesten Nebenfigur ins Bett, der/die/xi/xer (im Buch kommen zig verschiedene Neopronomen vor) nett zu ihr ist, und genauso leicht fällt es ihr, jene Welt und die Figur wieder zu verlassen. Das wirkt wie eine Besichtigungstour durch queere Identitäten und Sexualitäten und ist als solche kreativ und bunt – aber nicht besonders realistisch. Und auch nicht spannend, weil wir ja wissen, dass nach ein paar Seiten auf jeden Fall die nächste Tür erscheint. Überraschende Wendungen: Fehlanzeige.
Letztlich sind die Türen nichts anderes als ein vorhersehbares Eingreifen des gefürchteten Deus ex Machina – der Autorin, die ihr Konzept ohne Rücksicht auf etwaige Befindlichkeiten ihrer Figuren durchsetzt.
Wer diese Tatsache ausblenden kann, findet in “Dies ist mein letztes Lied” ein mehr als ordentlich geschriebenes, buntes Kaleidoskop voll Musik und Emotion.
Unterhaltung:
Anspruch:
Originalität: