Mein erster Hund und was ich alles falsch machte
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Eigentlich wollte ich keinen Hund. Eigentlich wollte ich nur regelmäßig Gassi gehen. So blauäugig. Es war nur eine Frage der Zeit, bis sie mir begegnete und ich mich verliebte.
Ich setzte Himmel und Hölle in Bewegung, um sie adoptieren zu können und es gelang. Ich durfte sie nach Hause holen. War so voller guter Vorsätze. Hatte mindestens 10m Hundeliteratur im Bücherregal, aber das Leben funktioniert oft nicht so wie im Buch.
Der erste Fehler war, dass ich den Autor:innen vertraute und mich an ihre Ratschläge hin, auch wenn sie mir nicht gefielen. In fast allen Büchern wurde immer wieder betont, wie wichtig es sei, dass ein Hund "seinen Platz kenne". Es war strikt "verboten", sich vom Hund überschwenglich begrüßen zu lassen. Kein Hochspringen erlauben! Auf keinen Fall. Wegdrehen. Hund ignorieren und erst, wenn dieser sich beruhigt hatte, ein paar wohltemperierte Streicheleinheiten verteilen.
Jetzt, viele Jahre später, erkenne ich erst, wie grausam das war. Wie abgelehnt sie sich gefühlt haben musste. Wie viel in ihr zerbrach. Wenn ich die Zeit zurückdrehen könnte, DAS wär einer der Punkte, an den ich gern zurückkehren würde, um wiedergutzumachen, was ich damals zertrat. In bester Absicht zertrat.
Es hat nicht lang gedauert, bis sie "ruhiger" war, oder vielmer: aufgegeben hatte.
Diesen Vertrauensverlust konnte ich nie wieder reparieren. Sie blieb für den Rest ihres Lebens distanziert, unnahbar, kühl. So wie ich zu ihr am Anfang.
Mein Bedauern ist grenzenlos, aber es ist zu spät.
Lektion 1: Wenn dein Hund sich freut, wenn du heimkommst, freu dich einfach mit. Es ist der falsche Zeitpunkt für "Erziehung".
2022/04/18:
Sie hasste die Leine mit jeder Faser ihrer Körpers und Geistes. Nicht nur, weil sie ihre eigenen Pläne für Spaziergänge hatte, sondern auch, weil sie einen enormen Jagdtrieb hatte. Es war schlicht verantwortungslos, sie frei laufen zu lassen. Für Menschen war sie keine Gefahr, aber für alle anderen Lebewesen.
Wie bekommst du so einen Hund leinenführig? Ich weiß es nicht. Ich schaffte es nicht. Ich investierte viel in Trainings aller Art. Belohnung, Ablenkung, Anti-Jagdtraining, Leckerli, Bestrafung, nichts funktionierte. Ich bin wohl auch einfach keine gute Schülerin gewesen. War total überfordert und es gibt leider sehr viel mehr richtig miese Hundetrainer:innen, als gute. Für eine Anfängerin, die ihrem Gefühl nicht traut, leider schwer zu erkennen.
Flexileine kam gar nicht in Frage. Alle rieten davon ab. Sie würde dem Hund das Ziehen nur beibringen, da es ja quasi von Erfolg gekrönt sei. Nur, ihr musste das Ziehen nicht mehr beigebracht werden. Das konnte sie bereits.
Viel zu viele Jahre zu spät entschloß ich mich, die Vorurteile bezüglich Flexileine über Bord zu werfen und es zu versuchen. Die Flexileine hat sofort Entspannung in unsere Beziehung gebracht. 1,5 oder 2m Leine waren einfach zu wenig für ihren Bewegungs- und Erkundungsdrang. 10m Schleppleine sind eine Zumutung für alle, selbst Dritte. Flexileine mit Karabiner am Laufgürtel befestigt, alles gut. Leine immer oberhalb des Bodens, also keine Stolperfalle. Hund kann vorauslaufen und auch mal zurückbleiben und kurzfristig gestoppt werden, wenn Durchstartmanöver zwecks Hetzjagd beginnt. Ein gemütlicher Joggingtrab und die neuen Routinen saßen. Beide müde und zufrieden, statt genervt und frustriert. Es gibt die Dinger als gut sichtbares Band bis 5m Länge und als dünne, reflektierende Schnur bis 7m Länge. Es waren die paar Meter mehr, die sie brauchte.
Lektion 2:
Probiere alles aus, das nicht gewalttätig ist, auch, wenn andere dir davon abraten. Mach deine eigenen Erfahrungen. Was für die einen grundverkehrt ist, kann für andere die perfekte Lösung sein.
--- dieser Text wird sukzessive ergänzt ---