Von  Tag Schatten drüben auf dem sinkenden Schiff
"Ich bin zum ersten Mal in Davos. Und ich finde es ziemlich befremdlich, um ehrlich zu sein. 1.500 Leute sind mit ihren Privatjets her geflogen, um zu hören, wie Sir David Attenborough darüber spricht, wie wir den Planeten zugrunde richten. Und ich höre, wie die Leute reden: über Teilhabe und Gerechtigkeit und Gleichheit und Transparenz.
Aber fast niemand spricht das wirkliche Problem an: Steuervermeidung und Reiche, die nicht ihren fairen Beitrag leisten. Es fühlt sich an, als wäre ich auf einer Konferenz von Feuerwehrleuten und niemand darf über Wasser sprechen! Es gab nur ein Panel, ganz versteckt im Medienzentrum, in dem es um Steuervermeidung ging. Ich war einer von 15 Teilnehmern. Hier muss sich was ändern.
Vor zehn Jahren ging es beim Weltwirtschaftsforum um die Frage: Was muss die Wirtschaft tun, um einen sozioökonomischen Backlash verhindern? Die Antwort ist sehr einfach: Hören Sie einfach auf, nur über Wohltätigkeit zu reden und fangen Sie an, über Steuern zu sprechen. Über Steuern, Steuern und nochmals Steuern!
Vor zwei Tagen war hier ein Milliardär, wie hieß er? Michael Dell. Und der sagte: "Nennen Sie mir ein Land, in dem ein Spitzensteuersatz von 70 Prozent tatsächlich funktioniert hat?" Wie sie wissen bin ich Historiker. Die Antwort ist: Die Vereinigten Staaten. Dort hat es funktioniert. In den 50er Jahren unter dem republikanischen Präsidenten Eisenhower. Einem Kriegsveteran. In den USA lag der Spitzensteuersatz für Leute wie Michael Dell bei 91 Prozent. Die Erbschaftssteuer für Leute wie Dell lag bei über 70 Prozent. Das ist doch alles kein Hexenwerk. Klar, wir können sehr lange über Wohltätigkeit sprechen. Wir können Bono noch einmal einladen. Aber mal im Ernst, wir müssen über Steuern reden. Darum geht's: Steuern, Steuern, Steuern! Alles andere ist Quatsch."
(Rutger Bregman)
https://youtube.com/watch?v=9odkjbkwvWs